Die Stimme der KMU und der Wirtschaft
140 Millionen Franken. So viel will der Bundesrat als Soforthilfe an die Ukraine senden. Wer über den langfristigen Wiederaufbau des Landes denkt, fokussiert auf etwas ganz anderes.
Wer vor dem Krieg in der Ukraine unterwegs war, konnte zwei entgegengesetzte Feststellungen machen. Auf der einen Seite glaubten die Leute an die Zukunft des Landes. Die Ukraine versuchte, sich grundlegend zu modernisieren. Namentlich setzte sie auf Dienstleistungen und Informationstechnik IT.
Damit war sie auch für ihre Verhältnisse erfolgreich. Denn ihre Hauptexporte waren gerade in diesen zwei Sektoren. Die Schweiz war sogar der drittgrösste Exportmarkt der Ukraine. Namentlich der drittgrösste Exportmarkt für IT-Dienstleistungen.
Auf der anderen Seite und trotz aller Modernisierung war das Land überverwaltet. Im Dickicht von Bewilligungen, staatlichen Lizenzen, Auflagen, Steuern und Formularen kamen innovative Personen unter die Räder. Es blieb nur einen Ausweg, um aus dem administrativen Urwald rauszukommen: Korruption.
Abbau der Bürokratie
Dann kam der Krieg. Mit ihm die Zerstörung. Mit ihm wurde aber auch der Administrationsapparat des Staates durchgerüttelt. Wer die Ukraine nach dem Krieg wieder aufbauen will, sollte der Modernisierung des Lands freien Lauf lassen. Dafür muss der Administrationswahn gesenkt werden.
Ohne dass die Staatsbürokratie den Menschen Knüppel zwischen die Beine schiebt, können Leute ihr Leben selbstverantwortlich in die Hand nehmen. Die Modernisierung kommt da von selbst. Und die Korruption verschwindet dann von selbst.
Was heisst das konkret? Wer den Wiederaufbau der Ukraine vorantreiben will, setzt Druck für Wirtschaftsfreiheit auf. Vor dem Krieg mussten Leute auf die Erlaubnis des Staates warten, um eine Firma aufzubauen. Viel besser ist es, den Leuten Wirtschaftsfreiheit zu geben. Man sollte seine unternehmerische Aktivität dann beginnen, wann man es selbst will.
Ebenso zur Wirtschaftsfreiheit gehört, sämtliche unternehmerische Möglichekiten auszuprobieren. Vor dem Krieg mussten Ukrainer eine Bewilligung für ihre Firmentätigkeit abwarten. Diese war erst noch an Bildungsnachweisen und anderen Unsinn gekoppelt. Innovatoren sind da lieber ausgewandert und haben im Ausland ihre Geschäftsmodelle aufgebaut.
Vereinfachung der Steuern
Zuletzt waren die Steuer ein wahres Entwicklungshemmnis. Mit etwa 20 Prozent Mehrwertsteuer und gut 40 Prozent Unternehmenssteuer kann man sich nie und nimmer wirtschaftlich entwickeln. Einen Beitrag für den Wiederaufbau ist die radikale Simplifizierung des Steuersystems.
Die Mehrwertsteuer sollte ganz verschwinden. Sie belastet vor allem ärmere Haushalte überproportional. Nach einem Krieg, wenn Kapital zerstört und Einkommen knapp ist, ist diese Steuer noch asozialer als sonst.
Die Unternehmenssteuern und Steuer auf private Einkommen soll in eine «Flat Tax» umgestaltet werden. Denkbar ist ein Steuersatz zwischen 10 und 15 Prozent. Alles, was darüber hinaus geht, ist konfiskatorisch und treibt gerade innovative Personen ins Ausland.
Mit der Umsetzung dieses Programm sind die Voraussetzungen für Wiederaufbau, menschliche Entwicklung uns soziale Balance gelegt. Denn weniger Bürokratismus und weniger Steuern wird auch der Staat gezwungen, seinen Wasserkopf abzubauen, disziplinierter zu werden und sich auf das zu konzentrieren, was er kann: Ordnung und Sicherheit herzustellen.
Echter Wiederaufbau ist also Druck machen für Freiheit. Mit der Vereinfachung des Staatswesens sind die Ukrainer frei, in ihr Land zu investieren. Diese Freiheit positioniert das Land international und führt zur Wertschöpfung. Diese Freiheit – und nur sie – stellt sicher, dass die modern-denkenden Ukrainer diese Modernität zu ihrem eigenen Wohl umsetzen können.
Ihre Meinung zu diesem Thema interessiert uns. Schreiben Sie per Mail an:
schneider@umweltzeitung.ch
Zur Person:
Henrique Schneider ist Verleger der Umwelt Zeitung. Der ausgebildete Ökonom befasst sich mit Umwelt und Energie aber auch mit Wirtschafts- und internationaler Politik.